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Chinesische Artisten, 1928 - Heckel, Erich |
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| Chinesische Artisten, 1928
Erich Heckel (1883 Döbeln - 1970 Radolfzell/Bodensee)
Aquarell, Gouache, schwarze Tusche, grau und braun laviert, auf Papier, 54,5 x 70 cm Signiert, datiert und bezeichnet rechts unten: Chines. Artisten, Heckel 28
Provenienz: Arthur Drey, Wiesbaden und Frankfurt, laut Auskunft der Erben 1930 direkt von Erich Heckel erworben (Drey (1890-1955) war Dramatiker und Schriftsteller und ein früher Sammler des Deutschen Expressionismus.); Galerie Ferdinand Möller, Berlin, Ausstellung „Erich Heckel Gemälde, Aquarelle, Graphik aus den letzten drei Jahren“, Kat.Nr. 37; Galerie Frankfurter Kunstkabinett, „Ausstellung Erich Heckel Aquarelle, Holzschnitte, Lithographien und Radierungen von 1907 bis 1963", Kat.Nr. 5
Die Erich Heckel Stiftung, Hemmenhofen, hat bestätigt, dass die Gouache authentisch und im Nachlass-Archiv registriert ist. Eine Echtheitsbestätigung von Renate Ebner liegt vor.
Heckel liebte den Zirkus. Seine Zirkusbilder der Brücke-Zeit (1905-1913) zeichnet eine impulsive Dynamik der Akteure aus, die sich in wilder Farbigkeit niederschlägt. In den 1920er Jahren setzt eine deutliche Beruhigung ein. Die drei „chinesischen Artisten“ grüßen statuenhaft unbewegt ins Publikum. Dynamisch bewegt wirkt nur die Umgebung. Gabler konstatiert einen „verwirrend neuartigen Pinselduktus", der den Hintergrund charakterisiert und Farben, die hinter den Figuren „fleckenhaft-flockig ineinander gewoben" sind. „Von [ihnen] geht auch allein das geisterhaft-unruhige Leben des Blattes aus" (Karlheinz Gabler, Erich Heckel. Zeichnungen Aquarelle, Stuttgart 1983, S. 204). Ikonografisch lösten Artisten und Gaukler im 20. Jahrhundert die Figuren der Commedia dell‘Arte als Sinnbilder des Künstlerdaseins ab (berühmtestes Beispiel: Picassos „Saltimbanques" der Rosa Periode). Wie die Existenz des Künstlers, war die des Artisten geprägt durch Ausschluss aus der bürgerlichen Gesellschaft, Gefährdung und wissende Melancholie. In vergleichbarer Position befand sich Heckel in den 1920er Jahren. Der große Krieg hatte die sicher geglaubte Welt aus den Angeln gehoben und maßgeblich verändert. Die neuen Regeln galt es erst zu erlernen, und politisch zeichneten sich bereits neue dunkle Wolken am Horizont ab. In dieser Welt ließ Heckel sein Alter Ego, den Artisten, nicht mehr als die Welt beherrschenden Akteur auftreten, sondern als erstarrten Menschen in turbulenter Umwelt.
In der Figurenbildung näherte er sich in den 1920er Jahren stilistisch der „Neuen Sachlichkeit“ (z. B. „Chinesische Turner", Kunsthalle Mannheim, oder „Die Bedini-Taffani", beide 1928), machte aber beim vorliegenden Aquarell eine Ausnahme. Das mag am Bildmedium liegen (Aquarelle laden zum Experimentieren ein) oder am Erstbesitzer, falls Heckel es speziell für Arthur Drey malte, der ein Sammler des frühen Expressionismus war. Auf jeden Fall wirkt das Aquarell lebendiger und spannungsgeladener als die Mannheimer Gemäldefassung.
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