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Odaliske, 1920 - Corinth, Lovis |
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| Odaliske, 1920
Lovis Corinth (1858 Tapiau – 1925 Zandvoort)
Gemalt 1920 Öl auf Holz, 81,4 x 64,7 cm Signiert und datiert links oben: Lovis Corinth, 1. März 1920
Provenienz: Sammlung Heinrich Thannhauser, Berlin; Sammlung Dr. Arthur Ebering, Magdeburg; Galerie Matthiesen, Berlin; Privatsammlung, Stockholm und Berlin (bei Matthiesen erworben und in der Familie weitervererbt) Ausstellung: Lovis Corinth. Ausstellung von Gemälden und Aquarellen zu seinem Gedächtnis, Nationalgalerie, Berlin, 1926, S. 71, Nr. 313, betitelt: Orientalische Tänzerin Literatur: Thomas Corinth, Lovis Corinth. Eine Dokumentation zusammengestellt und erläutert von T. C., Tübingen, 1979, S. 270 und 272 Charlotte Berend-Corinth & Béatrice Hernad, Lovis Corinth: Die Gemälde, München 1992, S. 724, Nr. 786, Abbildung S. 637
Wer flüchtig an der „Odaliske" vorbeigeht, nimmt aus dem Augenwinkel eine große, mit breiten, pastosen Pinselstrichen schwungvoll bedeckte Tafel wahr. Fast meint man ein abstraktes Bild zu sehen. Bei genauerem Hinschauen tauchen aus dem Farbenmeer ein Paar große dunkle Augen, ein tiefes Dekolletee und ein buntes Oberteil auf. Nun sieht man die in Schleier und weiße, mit Perlen bestickte Seidenhosen (Beschreibung des WVZ) gehüllte Odaliske, für die Charlotte Berend-Corinth ihrem Mann Modell stand. Nach seinem Schlaganfall 1911 hatte sie die Malerei aufgegeben, um sich als Modell und Muse ausschließlich um ihn und seine Kunst kümmern zu können. Wie immer stellte Corinth sie sehr sinnlich und erotisch dar. Unter dem fließenden Stoff zeichnen sich ihre weiblichen Formen ab und aus dem Ausschnitt blitzen die Brustwarzen hervor. Wahrscheinlich hatte sie sich wie bei „Carmencita" von 1924 für ein Kostümfest verkleidet. Durch die dynamischen Pinselstriche entsteht der Eindruck von Bewegung. Vielleicht schwang sie die Hüften zu Robert Stolz‘ 1919 komponiertem, „orientalischem Foxtrott": "Salomé, schönste Blume des Morgenlands"….
Orientalistische Szenen tauchen im deutschen Impressionismus sporadisch auf. Slevogts Ägypten-Serie in Dresden ist am bekanntesten. Liebermann beschränkte die Darstellung auf biblische Kontexte, wie bei „Samson und Delilah". Bei Corinth sind sie häufiger zu finden (z. B. „Der Harem“, 1904, nach Jean Auguste Dominique Ingres‘ Vorbild oder „Orientalischer Teppichhändler", 1913). Er liebte die opulente Pracht und Sinnlichkeit der Szenen, die es ihm erlaubten in Farben und Formen zu schwelgen und malte die Odaliske mit Bravour. Sie sprengt vor farbsprühender Energie fast das Format der Tafel. Großartig!
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